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Nachdem die Gemeindeverwaltung Anfang des Monats über den Bau einer neuen Unterkunft für Flüchtlinge im Ortsteil Oberste Zeith informiert hatte (die Verwaltung spricht von Kotthausen), fand am Dienstag (17.05.) eine Informations-Veranstaltung für die Anwohner in der Aula der Seelscheider Grundschule statt. Im Rahmen einer allgemeinen Einführung zum Thema wurden auch die aktuellen Zahlen genannt. Demnach leben derzeit 449 Flüchtlinge und Asylbewerber (insgesamt gibt es sechs verschiedene Klassifizierungen mit rechtlich unterschiedlichem Status) in der Gemeinde. 181 davon stammen aus Syrien, jeweils 53 aus dem Irak und Afghanistan. Die Balkanstaaten, zu Beginn der Flüchtlingswelle zahlenmäßig führend, sind nur noch mit rund 80 Personen vertreten. Fast die Hälfte aller Personen, nämlich 197, sind Kinder und Jugendliche, nur vier sind über 65 Jahre alt.
Allein seit Anfang Dezember gab es 167 Neuzuweisungen. Das Familienamt hatte sich speziell um die Zuteilung von Familien bemüht, was Vorteile für die Unterbringung in den Sammelunterkünften hat und zudem eine höhere Akzeptanz genießt. Durch den aufgrund der Blockade der Balkanroute zurückgehenden Flüchtlingsstrom hatte die Gemeinde die Verteilungsquote damit übererfüllt. Aus diesem Grund sind weitere Zuweisungen von Flüchtlingen derzeit ausgesetzt, bis andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen ihre - bislang oftmals untererfüllten - Quoten erreicht haben. Ab Herbst sei aber wieder mit neuen Zuweisungen zu rechnen.
Weil neben zahlreichen angemieteten Wohnungen jedoch auch alle Sammelunterkünfte bis auf wenige Einheiten (Zimmer) voll belegt sind - dazu gehören die Turnhalle in Seelscheid, das Jugendheim und das Sportlerheim in Neunkirchen sowie die eigens errichteten temporären Gebäude in Nackhausen, Seelscheid (Sportplatz) und Hochhausen - wird ein weiterer Standort notwendig. Ab Herbst werde wieder mit Zuweisungen gerechnet, bis dahin muß die neue Unterkunft, die für maximal 47 Personen ausgelegt sein wird, fertiggestellt sein.
Wie bereits berichtet, befindet sich diese am Rande der derzeitigen Bebauung im Norden des Ortsteils Oberste Zeith, zugänglich vom 'Neuen Weg', der Verbindungsstraße (überwiegend Wirtschaftsweg) zwischen Oberste Zeith und Hausen. Auf Nachfrage aus dem Kreis der Anwohner berichtete die Verwaltung, daß insgesamt zehn bis fünfzehn mögliche Standorte einer Prüfung unterzogen wurden. Das Grundstück in Oberste Zeith sei von den Rahmenbedingungen am günstigsten gewesen. Andere Standorte hätten zu weit außerhalb gelegen, außerdem hätte der zur Aufstellung geplante Modulbau in L-Form nicht auf alle der in Augenschein genommenen Grundstücke gepaßt.
Das eingeschossige Gebäude in Modulbauweise - vereinfacht ausgedrückt dürfte es sich ähnlich wie in Hochhausen um eine Kombination von Containern handeln - diente zuvor einer Straßenbaufirma in der Nähe von Hamburg als Büro- und Sozialräume. In Oberste Zeith wird es nahe der Straße 'Neuer Weg' aufgestellt werden, ergänzt um mehrere Container mit nach Geschlechtern getrennten Sanitäreinrichtungen und einem Raum für Waschmaschinen. Zur Aufstellung wird derzeit das Erdreich des in Richtung der Zeithstraße ansteigenden Grundstücks abgetragen. Der Mutterboden wird auf dem rückwärtigen Teil des von einem Landwirt gepachteten Grundstücks gelagert, um das ursprüngliche Landschaftsprofil später wiederherstellen zu können.
Zahlreiche Teilnehmer der Versammlung äußerten Kritik, die sich zum überwiegenden Teil nicht gegen die Maßnahme selbst, sondern gegen die Informationspolitik der Gemeindeverwaltung richtete. So wurde es als Unverschämtheit bezeichnet, daß "die Nachbarn so spät informiert wurden". Insbesondere die am Abend getroffene Ankündigung, daß mit den notwendigen Erdarbeiten am Bauplatz bereits am Morgen nach der Veranstaltung begonnen würde, sorgte für Unmut. Die von Anwohnern mehrfach getroffene Äußerung "So geht man nicht mit seinen Bürgern um" erzeugte nahezu allgemeinen Applaus.
So wurde auch genau nachgefragt, wann die Entscheidung gefallen sei und wann die Aufträge vergeben worden seien, was mit "im April - Ende April" beantwortet wurde. Nach Unterzeichnung des Pachtvertrages mit dem Grundstückseigentümer sei das zur Aufstellung vorgesehene, bereits im Januar reservierte Gebäude verbindlich bestellt worden. Die Nachfrage, seit wann denn die Baugenehmigung vorliege, brachte das mit Erstaunen aufgenommene Ergebnis, daß diese noch gar nicht vorliege. Das Bauvorhaben sei aber mit dem dafür zuständigen Bauaufsichtsamt der Kreisverwaltung abgestimmt.
Nachfragen bezogen sich auf die Verkehrssituation in dem Bereich Kotthausener Straße / Neuer Weg, der derzeit vielfach von spielenden Kindern genutzt wird. Mit einer signifikanten Steigerung des Autoverkehrs sei nicht zu rechnen. Die Unterkunft werde täglich von Mitarbeitern der Gemeindewerke als Betreiber der Unterkunft angefahren, zusätzlich ist mit dem Besuch ehrenamtlicher Helfer zu rechnen. Da auf dem einspurigen 'Neuer Weg' nicht geparkt werden kann, sollen einige Stellplätze auf dem Gelände geschottert werden, der Platz ließe maximal sieben entlang der Straße zu. Es wird aber mit einem verstärkten Aufkommen von Fahrradverkehr zu rechnen sein. Die örtliche Flüchtlingshilfe vergibt aus rechtlichen Gründen aber nur noch Fahrräder an Mitglieder derjenigen Familien, die eine private Haftpflichtversicherung abschließen.
Vereinzelt gab es auch Unmutsäußerungen über die Flüchtlingsaufnahme generell sowie über die Ansiedlung an diesem Standort. So kam die Frage auf, warum die Unterkunft in einem Neubaugebiet errichtet würde. Eine Frau äußerte, daß man aufs Land gezogen sei, um aus "sozialen Brennpunkten" heraus zu sein, man wolle "mit solchen Sachen nicht konfrontiert werden". Lothar Kloß, Leiter der zuständigen Polizeiwache Siegburg, konnte solche Befürchtungen nicht teilen. Auch Berichte über eine starke Zunahme von Ladendiebstählen, die von den Geschäften schon nicht mehr angezeigt würden, konnte seitens der Polizei nicht bestätigt werden. Innerhalb der vergangenen 16 Monate verzeichnete die Polizei 39 Einsätze an den Unterkünften im Gemeindegebiet. Wenn man gegenüberstellt, daß es im Jahre 2015 in der Gemeinde insgesamt 2.742 Polizeieinsätze gab, ist diese Zahl gemessen am Bevölkerungsanteil statistisch völlig unauffällig. Auch wer andere Unterkünfte im Gemeindegebiet besucht, erhält nicht den Eindruck "sozialer Brennpunkte".
Wie schon andere errichtete Sammelunterkünfte soll auch das neue Gebäude nur von temporärer Dauer an diesem Standort sein. Es wird von einer Nutzungsdauer von bis zu drei Jahren ausgegangen. Der Rückbau solcher Bauwerke im Außenbereich von Ortschaften sei schon aus rechtlichen Gründen verpflichtend. Für die Sondergenehmigung gelte allgemein eine Frist bis zum 31. Dezember 2019. Danach soll das Grundstück mit dem Original-Erdreich wieder in den Ursprungszustand versetzt und begrünt werden. Zu diesem Zweck laufe der Pachtvertrag etwas länger als die genannte Frist.
Nach Möglichkeiten, so war zu erfahren, sollen derzeit belegte öffentliche Einrichtungen im Laufe des Jahres wieder freigeräumt und ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt werden, darunter die kleine Sporthalle der Grundschule 'Am Wenigerbach' und das Jugendheim in Neunkirchen. Die für bis zu 70 Personen ausgelegte Erstaufnahme-Einrichtung des Landes auf dem Gelände der Firma 'Thurn Produkte' in Neunkirchen werde wie vertraglich geregelt im Herbst aufgelöst.
Die örtliche 'Arbeitsgemeinschaft Flüchtlingshilfe' nutzte den Abend, um kurz über die Strukturen und den Inhalt ihrer Arbeit sowie über die positiven Erfahrungen zu berichten. Gleichzeitig wurde um weitere Helfer geworben, weil die derzeit rund 200 Ehrenamtler allmählich an ihre Grenzen stoßen. Gerade aus dem räumlichen Umfeld der neuen Einrichtung seien Helfer zur Betreuung der neuen Nachbarn willkommen, sei es in Form von Patenschaften, für Freizeitangebote, die Sprachförderung, Fahrdienste oder anderes. Nähere Informationen erhalten Interessenten von Joachim P. Freyer, Mail-Adresse : JoFreyer(at)aol.com . (cs)
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Bau einer Sammelunterkunft für Flüchtlinge in Oberste Zeith
04.05.2016 - Die Errichtung einer weiteren temporären Unterkunft für Flüchtlinge kündigt die Gemeindeverwaltung an. Der Standort des für maximal 47 Personen ausgelegten, in Modulbauweise geplanten Gebäudes liegt an der Straße 'Neuer Weg' im Ortsteil Oberste Zeith. 'Neuer Weg' ist die Bezeichnung des Verbindungswegs zwischen den Ortsteilen Oberste Zeith und Hausen, der geplante Bauplatz liegt von der Kotthausener Straße aus gesehen unmittelbar hinter den bestehenden Wohnhäusern auf der linken, westlichen Seite des 'Neuer Weg'.
Die Anwohner wurden bereits durch einen Hauswurfzettel über das Bauvorhaben informiert. Zusätzlich sei die Durchführung einer Informations-Veranstaltung geplant. Der Beginn der Erdarbeiten zur Aufnahme der Module soll bereits Mitte Mai, in der Woche nach Pfingsten erfolgen. Als Nutzungsdauer der Unterkünfte wird ein Zeitraum von zunächst drei Jahren angegeben. (cs)